Tambourine

Der hier folgende Text entstammt der Encyklopädie des Dr. Johann Georg Krünitz aus dem Jahre 1842:

Dr. Johann Georg Krünitz's

ökonomisch-technologische

Encyklopädie

oder

allgemeines System

der Staats-,  Stadt-, Haus- und Landwirthschaft,

und der Kunstgeschichte

in alphabetischer Ordnung.

...

Hundert und neun und siebzigster Theil,

welcher die Art. S.T. bis Tanz und Tanzkunst enthält.

 

Berlin, 1842

In der Paulischen Buchhandlung.

(Subscriptionspreis 3 Thlr. Ladenpreis 4 1/2 Thlr.)

 

 

"Tambourin, Tambour de Basque, eine Handpauke, die bei den Griechen .... , bei den Lateinern Tympanum, bei den Arabern Duft, und bei den Spaniern Adufe genannt wird... 
Die Handpauke scheint eins der ältesten Instrumente zu sein, denn man findet sie schon bei dem Triumpfgesange des Moses erwähnt, nach dem glücklichen Durchzüge durch das rothe Meer; da heißt es: "Miriam, die ProphetinAarons Schwester, nahm eine Pauke in die Hand, und alle Weiber folgten ihr nach hinaus mit Pauken und Gesang." Auch die heilige Schrift erzählt uns, daß, als der unglückliche Jephta zurückkehrte, und seine Tochter Seila ihm tanzend entgegen zog, sie und ihre Begleiterinnen helltönende Handpauken dazu schlugen."

"... Besonders wurde diese Handpauke bei den Israeliten von Frauenzimmern zum Lobe Gottes gebraucht, und hat sich auch bei denselben lange erhalten... Auch ist die Handpauke jetzt noch bei den Morgenländischen Frauenzimmern geblieben; denn auch die Indianerinnen bedienen sich derselben. Auch der Diff,..., ist dieses Instrument. Nach jenem Berichte besteht es aus einem Reifen, über den ein Stück Pergament gespannt ist, und an den Reif sind Stücke tönenden Erzes befestigt. Dieses Instrument schlägt man mit den Fingern und der geschlossenen Hand; es soll das wahre T y m p a n u m der Alten seyn. Es dient zum Accompagnement des Gesanges, wie die Gitarre, und so glaubt man denn auch, daß es in Israel dazu diente, die Stimme der Jungfrauen in Ordnung zu erhalten."

"Da die Handtrommel genau mit dem Römischen Tympanum übereinkommt, wie man solches  aus den alten Reliefs ersehen kann, so weiset uns eine Stelle aus dem Jouvenal daraufhin, daß die Römer ihr Tympanum aus Syrien erhalten haben, und folglich sieht dieses Syrische Instrument noch immer so aus, wie vor siebzehn oder achtzehn hundert Jahren, mithin wird es auch wohl noch viele Jahrhunderte vorher eben so ausgesehen haben."

"Das Begleiten von Vokalmusik mit Instrumenten und mit Tanz, wie es noch in Indien der Fall ist, soll von der Feier des Egyptischen Bacchusfestes abstammen; denn bei allen Bacchanalien und bei den Dithyramben, welche die auf den Thrazischen Gebürgen herumschwärmenden Mänaden sangen, findet man stehts die Pauken und Handtrommeln erwähnt (und) als Bacchus selbst, der Fabel nach, begleitet von Satyren, Faunen und Bacchantinnen das Fest besuchte, brachten diese auch Pauken, Sistern, Crotalen und Hörner mit... Dieses Instrument, die Handpauke, wurde im Morgenlande so beliebt bei dem schönen Geschlechte, daß man es zu allen Tänzen als Taktmesser gebrauchte;..."

"Es konnte nicht fehlen, daß dieses Instrument auch den Europäern der spätern Zeit bekannt werden mußte, da es es die Mauren aus Afrika mit nach Spanien brachten, wo es zu Biscaja zu allen Volksliedern und Tänzen gespielt wird. Von Spanien, und auch wohl direkt aus dem Morgenlande, kam dieses Instrument nach Italien und Frankreich, und von da nach Deutschland herüber, und so weiter nach dem Norden hinauf."

"Das T a m b o u r i n besteht aus einer zwischen einem metallenen Zirkelreif ausgespannten Haut oder einem Felle. Rings um den Reif und in gleichen Entfernungen von einander sind kleine zusammenschlagende beckenartig ausgehöhlte Schellen befestigt, die beim Spielen oder Rühren des Instruments tönen, indem sie auf einer Saite laufen, und so leicht gegen einander schlagen. An einer mit Elfenbein ausgelegten Stelle ist dewr Reif durchbohrt, durch die Oeffnung steckt man den Daumen der linken Hand, auf welchem dann beim Spielen das Instrument ruhet und sich in künstlichen Wendungen um denselben drehet, während der Spieler mit der rechten Hand über das straff gespannte und geglättete Fell hinfährt; auch den Daumen etwas mit Speichel näßt, und dann mit demselben mit Schnelligkeit darüber in allen Richtungen hinfährt, und dem Felle Läufer, Passagen, Triller etc. entlockt, welches vermittelst des Druckes geschieht, der beim darauf Umherfahren angewendet wird, wodurch helle und dumpfe Töne entstehen, Tenor- und Baßtöne, die dann mit den Diskanttönen der Schellen abwechseln. "

 

"Oft hat das Tambourin auch einen gedrechselten Stiel oder Handgriff; dann fällt das Daumenloch fort; denn dieses ist nur darum angebracht, wenn der Tambourinspieler mit dem Instrumente alle nur mögliche künstliche Wendungen auf dem Daumen machen will, es gleich einem Rade darauf herumdrehet, wodurch die Schellen lauter tönen. Die anderen Bewegungen darauf, wie z.B. mit der Faust und dem Ellenbogen, sind außer dem Spiele und sollen nur die Fertigkeite des Spioelenden zeigen, den ganzen Arm dabei in Bewegung zu bringen. Zum Spielen gehören diese Bewegungen darauf nicht, obgleich sie bei einem Frauenzimmer die verschiedenen graciösen Wendungen und Biegungen der Arme und des Körpers zeigen..."

"In neuester Zeit hat der Kapellmeister Steibelt viele originelle Musikstücke für das Pianoforte mit Begelitung des Tambourins geschrieben, die er Bacchanales nennt, in denselben ist die Stimme für das Tambourin mit Noten geschrieben. Madame Steibelt, die Gattin dieses Komponisten, eine geborene Engländerin, war die Erste, welche dieses Instrument kunstmäßig zu behandeln verstand, so daß sie sich einen allgemeinen Beifall durch ihr kunstgerechtes Spiel erwarb. Für die Wichtigkeit dieses Instruments spricht auch die Muse der Tanzkunst, die man gewöhnlich mit diesem Instrumente in der Hand abgebildet findet."